Alexander Huber war in 2016 in Grönland

– hier der Bericht:

Alexander Huber war in 2016 in Grönland – hier der Bericht:

Carpe Diem

Zwei Freunde von mir, Hias Leitner und Alex Fidi, hatten mir vor vielen Jahren von dieser grandiosen Wand des Tupilak in Ostgrönland erzählt. Sie hatten die Südwand vor 16 Jahren erstbegangen und der Hias war überzeugt, dass eine freie Begehung nicht einfach, aber machbar sein sollte.

Und als ich letztes Jahr zusammen mit dem Hubert von Goisern in den Bergen Ostgrönlands unterwegs war, kam dieses Ziel wieder zurück in den Fokus. Genauso wie der gewaltige Pfeiler am Ritterknecht, dem vielleicht markantesten Berg Ostgrönlands. Genügend Gründe, um zusammen mit den Osttirolern Bruno Schneider, Christian Zenz und Mario Walder in die arktische Wildnis aufzubrechen.

Mario Walder beschreibt unsere Reise:

Aus Informationen von Expeditionen vor 16 Jahren wählten wir unsere Ziele aus und diesen einen Satz aus dem damaligen Bericht von Alex Fidi werden wir wohl nie vergessen….
„17.7.2000 Skitour auf den höchsten Gipfel Kulusuks“…

Anfang Juli erreichen wir nach einem zwei Stunden langen Flug von Island aus den Flughafen der kleinen Insel Kulusuk. Das Tor zu Ostgrönland. Anders als für unsere Freunde, die Mitte Juli vor 16 Jahren hier ankamen, steht hier keine Schitour zur Disposition. Bei 20 Grad plus gibt es nicht den Hauch von Schnee.

Dafür ist das Wetter herrlich! Ein Inuit bringt uns mit seinem Boot zum letzten Ort namens Sermiligaaq. Gut ausgerüstet mit Skitourenschiern und Zugschlitten (Pulkas) planten wir, unser Material über den Karale Gletscher zum Deep Freeze Pass und dann weiter auf den 16. Sept. Gletscher zum Aufstieg des Tupilak zu transportieren. Aber die Gletscher sind in einem unvorstellbaren Ausmaß blank. Kein Schnee, kein Firn, die Schi sind der sinnloseste Ausrüstungsgegenstand der Expedition. Sie werden bis zum Ende der Reise nicht zum Einsatz kommen.

Durch das Ziehen auf dem blanken Eis, beginnen bereits nach zwei Tagen Schinderei unsere Pulkas zu brechen und wir haben erst ein knappes Drittel unseres Weges hinter uns!!! Müde und ein wenig frustriert beschließen wir ein Lager direkt am Fuße des Ritterknecht einzurichten. An den folgenden zwei Tagen sondieren wir die Möglichkeiten und schnell steht fest, dass ein Weiterkommen auf den aufgeweichten Gletschern unmöglich ist. Gletscherspalten unglaublicher Dimension und selbst in höheren Lagen kaum mit Schnee bedeckt, Temperaturen über 20 Grad. No way…
Neuer Plan.. neues Glück.. Alexander war im vorigen Winter schon in dieser Gegend unterwegs. Vom gegenüberliegenden Gipfel fiel ihm der gewaltige unbestiegene Ostpfeiler des Ritterknecht auf. Als Zustieg zum Pfeiler gibt es nur einen vernünftigen Weg, der gut verbogen von unten nicht einsehbar ist. Aufgrund der Aufnahmen vom Winter erkunden und finden wir den Korridor und einige Tage später machen wir uns um halb vier Uhr morgens auf den Weg. Gut 900 Höhenmeter hinauf auf einen Sattel, wieder 250m hinunter zum Einstieg. Über den wilden Vorbau hinauf zum markanten Pfeiler. Endlich wird’s steil und der Fels schaut richtig gut aus! Die Kletterei in den ersten acht Seillängen ist einfach genial und erreicht den unteren achten Schwierigkeitsgrad. Dann kurze seilfreie Gratkletterei bis zum nächsten Aufschwung, nochmal zwei Seillängen im steilen Granit und wir erreichen den Gipfel des Pfeilers.

Nach einem langen Tag schmelzen wir Schnee und es gibt Energie: travellunch, Speck, Käse und Riegel. Ohne Energie kein Schub! Gut gestärkt nehmen wir die letzten steilen Gipfeltürme in Angriff. Flucht nach vorne ist das Motto, denn ein Biwak ist nicht eingeplant! Warum auch? Im arktischen Sommer wird´s nicht dunkel, also zeihen wir durch bis wir im Basislager sind. Wenige Seillängen auf einem genialen Grat mit wilden Türmen bringen uns zum Gipfel. Um 20 Uhr stehen alle überglücklich am höchsten Punkt. Eine unglaubliche Stimmung in der Abendsonne ist ein angemessener Lohn für die Anstrengung. Doch der Abstieg über den sehr langen Nordgrat steht uns noch bevor. Nach ewigem Abklettern und Abseilen erreichen wir den Gletscher. Ein kurzes Labyrinth und noch eine Stunde hinunter zum Basecamp. Am Zelt etwas müde angekommen, höre ich dieses lästiges Geräusch aus meinem Zelt: der Wecker klingelt wieder…J
Exakt 24 Stunden sind vergangen und eine gewaltige Bergfahrt ist vorüber. Alle sind gesund und überglücklich.

Region

Ostgrönland, Schweizerland

Ausgangspunkt:
Sermilgaaq,ein Inuitdorf mit etwa 200 Einwohner. Das Dorf liegt an einem Fjord, in dem große Gletscher wie der Rasmussen und der Karalegletscher kalben, daher der Name Sermiligaaq, der „Wo die Eisberge herkommen“ bedeutet.

Berg:

Ritterknecht, 2020m, im Herz des sogenannten Schweizerlands. Benannt nach den Schweizer Geographen, die erstmals die Bergwelt der Region um Tasiilaq, der Hauptstadt Ostgrönlands, vermessen hatten.
Erstbesteigung im Jahr 1938 durch eine Schweizerexpedition (u.a. Henry Dunant und André Roch) über den Nordgrat.