Eine Solo-Winter-Expedition am Canol Heritage Trail im Nordwesten Kanadas – unterstützt von travellunch
Der Canol Trail ist eine 355 Kilometer lange Strecke zwischen der Grenze des Yukon Territoriums und einer kleinen Siedlung in den Northwest Territorien in Kanada. Heute zählt der Canol zu den härtesten Trails Nordamerikas. Noch nie zuvor wurde dieser Trail im Winter ohne Support mit Skiern begangen.
Dies war genau die Herausforderung, der ich mich stellen wollte.
Ein kleines Propellerflugzeug brachte mich zu meinem Startpunkt inmitten der einsamen Mackenzie Mountains. Als die Maschine in den wolkenverhangenen Bergen verschwand, wurde es plötzlich ganz ruhig. Nur der Wind durchbrach ab und zu die noch ungewohnte Stille. Mit vollbepacktem Schlitten und meinem großen Rucksack legte ich die ersten Meter auf dem verschneiten Pfad zurück. Es war kein leichtes Vorankommen und es brauchte alles seine Zeit. Aber Meter für Meter bahnte ich mir meinen Weg durch den tiefen Pulverschnee. Der Trail führte mich über den gefrorenen Tichu-River und schlängelte sich nach oben in die weißen Berge. Mit den kommenden Steigungen begannen auch die ersten Schwierigkeiten. Es war schier unmöglich die gut 100 Kilo schwere Ausrüstung den Berg nach oben zu ziehen und gleichzeitig einen Trail in den tiefen Schnee zu brechen. Nach stundenlanger Schinderei war klar, dass ein Weiterkommen so unmöglich war. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mit leichtem Gepäck vorauszugehen, einen Trail zu brechen und die Pulka am nächsten Tag nachzuholen. Immer wieder führte mich der Weg über gefrorene Flüsse, einsame Bergpässe und vom Wind zerzauste Plateaus. Die Nächte waren mit Temperaturen von bis zu minus 38 Grad bitterkalt und nicht immer gab es Holz für meinen kleinen Zeltofen. In solch einer Umgebung war es besonders wichtig sich richtig und ausreichend zu ernähren. Jeden Abend wurden die Energiereserven wieder aufgefüllt. Trockenfleisch, Nüsse mit Öl und travellunch sorgten für die nötigen Kilokalorien.
Nach 17 Tagen auf dem Trail durchbrach plötzlich ein Motorengeräusch die gewohnte Stille.
Am Himmel über mir erblickte ich einen Hubschrauber, der mit hoher Geschwindigkeit das Tal abflog. Unter ohrenbetäubendem Lärm umkreiste mich das blaue Ungetüm, wirbelte die weißen Eiskristalle umher und setzte unweit von mir zur Landung an. Der Hubschrauber war meinetwegen in dieses abgelegene Gebiet gekommen. Ich war mit großer Wahrscheinlichkeit der einzige Mensch in einem Radius von 300 Kilometern.
Die tägliche „alles okay“ Nachricht meines Satelliten-Notsenders war zu diesem Zeitpunkt bereits seit drei Tagen überfällig. Die wichtige Information wurde von mir, wie gewohnt jeden Abend versendet, hatte die Empfänger zu Hause in Deutschland allerdings nie erreicht. Warum die Übermittlung fehlschlug ist mir bis heute nicht bekannt. Das Ausbleiben der Nachricht war Grund genug für meine Freunde die Rockie-Mountain-Police zu kontaktieren. Die örtliche Behörde aus Norman Wells zögerte nicht lange und schickte einen Officer mit einem Helikopter zu den letzten empfangenen GPS- Koordinaten der Okay-Nachricht. Nach nur wenigen Stunden war ich, der vermeintlich in Notgeratene, gefunden.
Mein langsames Vorankommen und die Tatsache, dass bei einem zweiten, späteren Rettungseinsatz mein Name auf dem Rechnungskopf stehen würde, zwang mich dazu, meine Ausrüstung im Helikopter zu verstauen und den Rest des Canol Trails aus der Vogelperspektive zu betrachten. Ich musste meine so lange geplante Tour von jetzt auf gleich abbrechen.
Nachdem die erste Niedergeschlagenheit vergangen war, konnte ich nicht umhin festzustellen, dass aber allein die ersten Tage all die Mühen, Sorgen und Anstrengungen wert gewesen waren. Das tiefere Ziel meiner Expedition war nicht nur, an einem bestimmten Ort zu gelangen, sondern der Weg dorthin.
Bericht: Andreas Baeumler
Fotos: Privat